Sonntag, 21. Oktober 2012

Step Up: Miami Heat

(Step Up Revolution)

oder:  
Cash Up 4: The Re_make_quel_egal

"Das Feature:" heißt es heute. Für die aktuelle Filmrezension habe ich mir eine waschechte Tanzlehrerin mit ins Boot geholt. Ich persönlich hab noch nie eine Tanzschule von innen gesehen (ein, zwei peinliche Erlebnisse von vor 13 Jahren mal dezent ausgeblendet). Man würde ja auch keine Rezension über einen Nuklearbeschleuniger schreiben, ohne einen Physiker zu konsultieren. Es ist schwer an einen Tanzfilm nur die üblichen Maßstäbe anlegen zu wollen. Rein storytechnisch bot auch der Original "Footloose" von 1984 nur Nonsens, aber eben der Focus auf die Tanzeinlagen machten den unvergleichlichen Charme dieses Dance-Flics aus. Und in Zeiten von massig Angeboten an Wettbewerben, Battles und Competitions wächst der Wunsch bei vielen jungen Leuten, ebenso cool und stylish über die Bühne zu gliden, zu sliden und unter Pyroeffekten den Pokal zu holen - wie Ihre Leinwandhelden. Ob, warum und wie realistisch solche Vorstellungen überhaupt sind erzählt Dancecoach & Profitänzerin Laura in der neuen Rubrik „Featuring“. Diese wird es in unregelmäßigen Abständen immer dann zusätzlich geben wenn ich mich an ein Projekt oder Film wage, dem es noch am fachlichen Feinschliff bedarf um alle Seiten zu beleuchten.


Die Story

Siehe Teil 1 - 3.
Ich mache es mir damit recht einfach. Klar. Aber nach sorgfältiger Sichtung von „Step Up“, „Step Up 2: The Streets“ und „Step Up 3D“ springt dem neutralen Betrachter die bekannte Story schon irgendwie in die Augen. Protagonist A verfällt seinem zukünftigen, weiblichen Love-Interest hoffnungslos. Was anschließend folgt sind ultradurchgestylte Tanzeinlagen und shakespeareske Hintergrundstorys. Cameos gibt es in jedem Fall, denn irgendwer aus dem neuen Film ruft auf jeden Fall Irgendwen aus dem Vorgängerfilm an. Diesmal beobachten wir Sunnyboykellner und Leader von "The MOB" Sean dabei, wie er verzweifelt um die Tanzschuhe der Millionärstochter Emily wirbt und nebenher versucht sein Heimatghetto und seine Crew am Leben zu erhalten. Das Ganze wird diesmal durch "Oceans Eleven" - ähnliche Vorbereitungssequenzen gewürzt und in 3D kredenzt. Guten Appetit.

Review


3D. Ein viel diskutiertes Thema im Zeitalter der neuen Medien. Gerade auf der Leinwand ist es der Unterschied zwischen 6,50 € und 12,50 €. Ottonormalverbraucher nimmt das gerne mal so hin ohne zu wissen, dass die Kinos meist den selben Film auch in 2D anbieten. Auch wenn ich diesmal das Pferd von hinten aufzäume (JA DAS DARF MAN NOCH SCHREIBEN!): Wer sich schlussendlich doch für diese Tanz-Gurke hier entscheidet, dem sei angeraten es wenigstens in 3D zu >genießen<. Die ewig gestrige Story um den sexy Loverboy der seine Herzensdame umwirbt und deshalb bald im Clinch mit seiner (Dance)Crew liegt, lockt allein nicht mal mehr den heißblütigsten Tänzer hinter dem Ofen vor. Zu oft gesehen, zu oft schon besser gesehen (Step Up 2: The Streets; You got served). Die Dialoge sind erwartungsgemäß flach. Und ich meine damit nicht "ich kann schon damit leben"-flach sondern flacher als Friesland und alle damit verbundenen Witze. Hätte man sich den nervig - kitschigen Wortbrei einfach gespart, wäre die Laufzeit von knapp 100 Minuten auf 80 zusammengeschrumpft und der Zuschauer hätte vielleicht noch die Möglichkeit, sich anschließend in einen anderen Film seiner Wahl zu begeben. Die Darstellung schwankt hier von "hab kein Bock auf reden, will meine Screentime vertanzen" bis hinzu Peter "O.C. California" Gallagher "hab meine Seele für den Scheiß hier verkauft und mache das Beste draus". Durch das Plot-Element "The MOB" ist es möglich recht unterhaltsame Vorbereitungssequenzen zu begutachten. Doch nur wegen den Mozzarellascheiben bezahle ich keine ganze Pizza und nur wegen ein, zwei guten Ideen bin ich nicht gewillt einen ganzen Film zu sehen. Allerdings - und damit kehre ich zum Anfang zurück - haben es die Verantwortlichen geschafft den Ursprungsgedanken des 3D Kinos umzusetzen. Sicherlich ist dies ein rein technisches Lob, dennoch soll es nicht unerwähnt bleiben. Seit dem 90 - minütigen Daft Punk - Musivideo "TRON: Legacy" hat es kaum wieder ein Film geschafft, die bestehenden Möglichkeiten der Technik zu nutzen um dem Zuschauer ein wirklich anderes Seherlebnis zu präsentieren. Umso tragischer wenn diese Perle nun unter filmische Säue geworfen wird. Die Tanzeinlagen sind überwiegend spektakulär in Szene gesetzt, so spektakulär dass zu jedem Augenaufschlag, jedem Schritt, jedem Furz und jeder sonstigen Bewegung der passende Takt, das passende Close Up und der passenden Schnitt auftaucht. Hätte Michael Bay einen Bollywoodfilm inszeniert, nein, er hätte nicht bunter werden können. Und genau hier wird wohl auch das größte Problem für ernsthaft Tanzinteressierte zu finden sein - dazu erzählt unser heutiges Feature aber noch ein paar Takte. Warum der Filmtitel im Original Revolution lautet versteht außer den Produzenten wahrscheinlich niemand. Außer dem Wechsel von Walt Disney zu Summit Entertainment gab es nichts was irgendwie revolutionär anmuten würde. Flach die Story, Dialoge wie das berühmte Stroh und die Frage warum es denn da liegt und eine Inszenierung die theatralischer anmutet als Transformers 3. Der Soundtrack ist durchaus hörenswert und dürfte den Musikgeschmack vieler Tanzwütiger bestens treffen. Aber diesen bekommt man eben auch ohne den Film. Wie inspirierend nun die Tanzeinlagen und Choreographien wirklich waren? Diese Frage stelle ich an...


Das Feature: LAURA - Dancecoach & Gastrezensent

Hallo! Ich bin Laura, 22 Jahre alt, seit 12 Jahren Tänzerin und seit einem Jahr Tanztrainerin im Bereich Hip-Hop für Klein und Groß. Tanzfilme wie die der Step Up Reihe schaue ich mir vor allem an um mich  inspirieren zu lassen und mir neue Anregungen und Ideen für eigene Projekte zu holen. Bei Titeln wie  "You got served" hat dies auch noch wunderbar funktioniert. Dies hatte aber auch damit zu tun, dass es sich mehr auf das Tanzen an sich bezogen hat, als auf das ganze Drumherum und man sich mit der Story noch halbwegs identifizieren konnte. Das Schema des Films "Step Up 4" ist unrealistisch und vermittelt Tanzschülern eine andere Vorstellungen vom Tanzen. Battles sind selten mit so hohen Preisgeldern ausgeschrieben, kaum eine Crew beschäftigt ihren eigenen Elektriker und hat riesige Lagerhallen angemietet, damit dort nur einzig und allein die Crew trainieren kann. Choreographien werden in den seltensten Fällen innerhalb von zwei Wochen ausgetüftelt und noch seltener hat man Lagerbestände mit den neusten Markenklamotten- und Schuhen an der Wand zu hängen. Während eines Auftritts springen auch nicht spontan befreundete Crews auf die Bühne und liefern Dir aus Lust und Langeweile eine 10 Minütige Show mit Feuerwerk und coolen Sprüchen. Beim Betrachten von "Step Up 4" schoss mir ein Gedanke durch den Kopf: Das ist ein Effektspektakel - kein Tanzfilm. Alles ist bunt, überstilisiert und die Story ist immer die gleiche. Tanzen heißt nicht coole Klamotten, Spezialeffekte und Feuerwerk. Nicht jede Tanzstunde artet in einem zwischenmenschlichen Drama aus - Oh Gott, was für eine schreckliche Vorstellung! - sondert bedeutet jedes Mal wieder Disziplin und Konzentration. Wer mehr Wert auf seine eigene Optik als auf das Training legt, wird es mit dem Tanzen nicht weit schaffen, weder professionell noch als Hobby. Ich bedanke mich für Eure Aufmerksamkeit und wünsche jedem Tanzbegeisterten maximale Erfolge und vielleicht sieht man sich bald mal. Liebe Grüße, Laura.
 

Fazit

Tanzen ist eine Passion und für manche mehr als ein Hobby. Für eben Jene dürfte dieser Film fast ein Hohn sein, so wie die Tim Mälzer Show für jeden Berufskoch. Dass man mit Tanzen Ghettos rettet, Millionen verdient und für jeden Auftritt Special Effects für mehrere hundert Dollar im Gepäck hat mutet schon fast dreist an und weckt wahrscheinlich falsche Vorstellungen beim jüngeren Publikum. Wer auf kitschige Dialoge, Tanzeinlagen mit mehr Schein als Sein und einem Schauspiel jenseits von Gut und Böse steht, der ist hier richtig - jeder andere bestellt sich vielleicht einfach den wirklich guten Soundtrack und steppt ein wenig in den heimischen vier Wänden. 

In diesem Sinne,
wildwirbelndes Cheerio und viel Spaß bei Eurem nächsten Kinofilm

Euer Robert


Trailer
                                     
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