Samstag, 16. August 2014

Lucy

OT: Lucy | 90 Min | FSK 12
R: Luc Besson | VÖ: 14.08.14 (Kino)
© Universal Pictures Germany
oder: Lucy Bessons sexy Akira Dingensbummens

Scarlett Johansson ist ohne Frage eine der meistbeschäftigsten Frauen in Hollywood. Luc Besson ist ohne Frage einer der renommiertesten Actionregisseure in- und außerhalb Frankreichs. Kopf & Kino ist ohne Frage ein Blog der die Phrase "ohne Frage" viel zu oft benutzt - ohne Frage. Die Frage was passiert wenn ein Mensch plötzlich 100% seines Gehirns benutzt, ist eine interessante. Besson schrieb das Drehbuch zu Lucy* selbst und hat sich dabei offensichtlich von einem gewissen Kultanime inspirieren lassen. Wodurch sich die deutsche FSK inspiriert gefühlt hat, Lucy eine 12er Freigabe zu geben, können wir nur ahnen. Einen Erklärungsversuch findet ihr auf der entsprechenden Seite der FSK. Im Zusammenhang mit der PG-Regelung (FSK 12 Filme dürfen in Begleitung der Eltern bereits ab 6 geschaut werden) bin ich gespannt wie Mammi und Pappi ihrem 8-jährigen Spross erklären, wieso alle zwei Minuten irgendjemand irgendwem in einer offenen Wunde herumgrabbelt, warum Menschen auf dem OP Tisch erschossen werden und warum die vollbusige Tante da dem netten Herren gerade zwei Messer in die Hände rammt. Da ich die 12 bereits dezent überschritten habe, musste mir meine Mutti das nicht erklären. Ich habe 100% meines Kinosessels benutzt, um für euch Scarlett Johansson dabei zu beobachten, wie sie ihre Frisure verändert.

Story
An einem Ende der Welt hält Morgan Freeman alias Prof. Samuel Norman einen Vortrag mit gefährichen Halbwahrheiten über die menschliche Gehirnkapazität. Am anderen Ende - in Taiwan - wird die Studentin Lucy (Scarlett Johansson) in eine Drogenkurierin für die Mafia umfunktioniert. Per Kaiserschmarn/schnitt platziert man eine Riesenportion CH4 in den Gedärmen des verängstigten Mädchens. Irgendein Vollkloppo tritt ihr dann mit Anlauf in den Wanzt und die blaue Droge verteilt sich in Überdosis in Lucys Körper. Fortan erklären uns raffinierte Einblendungen (20 %) wieviel ihrer Aktuellen Gehirnkapazität (40 %) Lucy derzeit benutzt. Mimik und Gestik gleichen ab diesem Moment (60 %) der eines betäubten Faultiers. Lucy beginnt ihre Umgebung und anderen Menschen zu manipulieren (80 %) und ist sich ihres Schicksals gewahr. Umgehend kontaktiert sie Prof. Norman und arbeitet daran, den Drogenring unter Leitung von Mr. Jang (Choi Min-sik) zu sprengen.... (100 %)

Review
Luc Besson weiß, wie er den gemeinen Actionfan zu behandeln hat. Da darf dann auch so ein Drehbuch schonmal auf ein Taschentuch passen. So oder so ähnlich scheint es abgelaufen zu sein, als der Regisseur sich um Lucy kümmerte. Der Gedanke an die menschliche Gehirnkapazität und deren gesteigerte Nutzung bescherte uns 2011 bereits Ohne Limit* mit Bradley Cooper in der Hauptrolle. Niemand kann Bessons vorwerfen den Weg der Science Fiction zu gehen, auch wenn es eher einem Torkeln gleicht.

Selbstverständlich erfordert die Akira*-esque Story von Lucy auch den Einsatz von Special Effects. Diese sind quietschbunt und variieren von schwebenden Menschen bis hin zu einer 1zu1 Umsetzung einer Akira-Schlüsselszene völliger Deformation. Die wahnwitzigen Fähigkeiten Lucys scheinen Bessons Effektspezis angestachelt zu haben, CGI-Spielereien aus diesem kleinen Wunderkasten zu locken, welche sie für die Urlaubsvideos daheim als deplatziert empfunden haben aber schon immer mal ausprobieren wollten. Danke, dass wir das dann abbekommen. Morphende Haare machen vielleicht vielen Frauen Stylinghoffnungen, überzeugen 2014 aber niemanden mehr von allmachtsähnlichen Fähigkeiten.

Die Videoclipästhetik in Bessons Filmen ist sicherlich Geschmacksfrage. Lucy hangelt sich von einem 5-Minuten-Konflikt zum nächsten. Wir sehen so viel und doch leider so wenig - zum Beispiel von den Figuren. Choi Min-sik als Mafiaboss Jang spielt gut, weit entfernt von Oldboy* aber sympathisch schrullig. Er wird verheizt als Katalysator für eine Geschichte, die so oder so konstruiert wirkt. Was Scarlett Jonhanssons Lucy eigentlich macht, wer sie ist, etc. bleibt ebenfalls im Dunkeln. Wir könnten der Geschichte wohlwollend andichten, dass sie den Focus eben auf das Hier und Jetzt legt und deshalb die Charakterisierung ihrer Figuren vernachlässigt. Ähm... nein! Da spätestens ab der zweiten Hälfte der Zeitbegriff eine Rolle spielt, hätte die Vergangenheit der Figuren einen Platz in der Handlung verdient. Und damit ist nicht gemeint, dass Lucy auf dem OP-Tisch liegt, ihrer Mutter ins Ohr heult, wie toll ihr erstes (!) Lebensjahr war und sich zeitgleich von einem verängstigten Operateur im offenen Bauchraum herumfummeln lässt.

Der Film vertraut seiner eigenen Prämisse nicht. So viele Stellen, in denen wir Schmunzeln, zeigen, dass Potential für pointierte oder zumindest bewegende Dialoge vorhanden gewesen wäre. Stattdessen beweist uns Besson, dass Lucy eine BadAssHeroine ist, indem sie Hunde böse anschaut und Leute einschlafen lässt. Die philosophischen Fragen um Sein oder Nichtsein, Zeit und Unendlichkeit streben nach Tiefgang a la Oshii, Kubrick oder teilweise auch Scott. Spätestens, wenn sich Lucy dann das erste Mal im kostengünstigen Partikeleffekt auflöst und a la Sandman wieder anordnet oder wenn sie einen USB-Stick mit Weltraum-Effektfilter-Oberfläche übergibt, verpufft dieses Potential und wir knallen auf den effektlastigen Boden der Actionfilmtatsachen zurück.

Fazit
Wer sich einem 90minütigen Besson Trip hingeben möchte, viel Action, Zeitlupe, Close up und den neusten Effekten aus Adobe After Effects 2010, kann unbedenklich zugreifen. Habt ihr Lust auf eine überzeugende Story mit hinreißenden Charakteren, dann empfehle ich euch doch noch einmal Akira aus dem Schrank zu holen.

Lucy ist ein Wannabe Sci Fi - Actioner mit Scarlett Johanssons Gesicht auf Snoozetaste und dem unbedingtem Willen, mehr zu sein als bloßes Effektkino. Klappt nicht.

In diesem Sinne,
CH4InsMüsliMischendes Cheerio und viel Spaß bei Eurem nächsten Film

Euer Rob

Trailer zu Lucy

Quelle: YouTube / KinoCheck
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1 Kommentar:

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