Samstag, 29. August 2015

Voll Paula!

OT: Voll Paula! | 82 Min | FSK ? |
R: Malte Wirtz | DE 2015
VÖ: 17.09.15 (Kino/VOD)
© Unfiltered Artists
oder: Mackenmädchen made in Cologne

Der Charme eines Independent-Films entfaltet sich durch verschiedene Aspekte. Zum Beispiel staunt der Zuschauer manchmal über die Optik, welche sich so gar nicht von den Mainstream-Sehgewohnheiten abhebt. Wir führen da mal Cloud Atlas (Review) an. Gut, der hatte vermutlich mehr Geld als der hier besprochene Voll Paula!, aber faktisch ist es ein Indie-Film. Ein langer Indie-Film. Ein langer Indie-Film mit eigenwilligen Vorstellungen von Make-up-Effekten. Auf der anderen Seite nimmt sich ein Indie-Feature gerne die Freiheit etwas unkonventioneller zu inszenieren. Ohne Mayorlabel im Rücken, Pistole auf der Brust und Radiergummi in der Nase (das letzte kam von mir) darf sich die Kunst entfalten. Das Fehlen von Geld macht außerdem erfinderisch. Welches Budget Regisseur/Autor/Editor Malte Wirtz für Voll Paula! hatte, weiß ich nicht, aber dass der Film mit dem Ende beginnt, das weiß ich. Voll Paula! feiert im September seine Premiere und ich hab mir das gute Stück schon für Euch angeschaut. Voll Rob.

Story
Berufschaotin Paula (Eva Luca Klemmt) stolpert durch ihren Kölner Alltag und versucht sich als Schauspielerin - scheinbar erfolglos bisher. Ihre Mitbewohnerin Louise (Karmela Shako) holt sie von einem vergeigten Casting ab. Dort trifft das Duo auf den engagiert verkorksten Schauspieler Donnie (Eric Carter), den sympathisch verrauchten (nicht verrUchten!) Max (Sebastian Kolb) und dessen Mitbewohner, Musiker und Chaot Randolf a.k.a. Candy Randy (Ulrich Fassnacht). Blicke werden getauscht, Eifersüchteleien entstehen und wildfremde Menschen werden angequatscht. Wer macht hier wem schöne Augen, kommt Paula in den Re-Call und wo kriegen die alle so viel Gras her? Köln in Reinkultur.

Review
Hauptdarstellerin Eva Luca Klemmt, eine Frau, süß wie Ovomaltine, haucht ihrer Rolle Paula wunderbar verqueres Leben ein und macht es einfach, sie zu mögen. Schließlich ist der Charakter ähnlich aufgebaut wie Kirstin Wankes Frau Dingens oder auch etwas prominenter, Zooey Deschanels liebenswert verpeilte Jess in New Girl. Obwohl durch die Bank weg alle Schauspieler in ihren Rollen aufgehen, bleibt Paula die einzige Figur, welche sich organisch in die Handlung einfügt. Dem Rest der Bande muss man tatsächlich etwas Anlaufzeit einräumen.

Erstes Date für Max (Sebastian Kolb) und Paula (E.L. Klemmt)
Erprobte Indie-Fans haben inzwischen gelernt, alles und nichts zu erwarten. Dass die Brüche in Inszenierung und Dialog gewollt sind, unterstelle ich dem Regisseur einfach, da bin ich mal voll frech. Stummfilmreminszenzen finden sich ebenso wie ein Durchbruch der vierten Wand. Heutzutage ist das alles nichts Neues mehr, aber in richtigen Dosen beschert es dem Zuschauer immer noch ein schmunzeliges Vergnügen. Aber, oh Herr Regisseur, was machst Du da mit mir? In manchen Momenten schlägt die sowieso schon sehr theater-eske, aber nicht theatralische Inszenierung über die Stränge. Da täuscht auch ein mutiger Achssprung nicht darüber hinweg, dass nur noch ein Konservenlacher fehlte, um die Szene als Sketch bei Die dreisten Drei laufen zu lassen.

Voll Paula! ist generell mit Szenen gespickt, die nicht wirklich der Handlung dienen, aber trotzdem irgendwie schnuckelig anzusehen sind. Wer so einen Film macht und dabei ganz offensichtlich das Filmemachen vom Schreiben bis zum Schneiden liebt, hat erfahrungsgemäß mehr Ideen im Kopf als die Leinwand verträgt. Vom 4:3-Bildformat über die fragmentarische Struktur bis zu den sehr eigenwilligen Dialogen und Pointen hat sich Der Jackpot-Malte Wirtz hier völlig ausgelebt und offensichtlich nicht angestrebt, es möglichst vielen Zuschauern recht zu machen, sondern einfach eine Geschichte so zu erzählen, wie er will. Und irgenwie sind doch Indie-Filme dafür da. Was anderes hat Clerks* nicht gemacht und was anderes wollte doch Slacker* auch nie. Das ist doch am Ende der Geist des Independent-Kinos: Filme machen, um Geschichten zu erzählen. Und besonders weil dieses Werkstück noch nicht entgratet ist, gefällt mir Voll Paula! gut, voll gut.

Fazit
Voll Paula! ist ein sympathischer Streifen, immer irgendwie an der Grenze zum Kunstfilm mit Dialogen zwischen Alltagsphilosophie und "Affenscheiße" (nicht von mir), der vom Spiel seiner herausragenden Hauptdarstellerin lebt. Ein bisschen verklärte Romantelei rundet den Film zwar noch nicht ab, schleift aber an den Ecken. Wer dem Mainstreamkino mal wieder den Mittelfinger zeigen möchte, darf sich eine Tüte anzünden, einen Smoothie dazu schlürfen und ist für 82 Minuten mal Voll Paula!...

In diesem Sinne,
FürBluesicalVorsingendes Cheerio und viel Spaß bei Eurem nächstem Indie-Film

Euer Rob

P.S.
Mehr Infos zum Film und die Möglichkeit, den Streifen digital zu erwerben, findet Ihr auf der offiziellen Website zum Film.

Voll Paula! geht ab September auf Kinotour:
17.09. Berlin, Babylon Mitte
18.09. Premiere in Köln, Turistarama
19.09. Bonn, Kinemathek
20.09. Apollo Aachen
24.09. Filmriss - Gevelsberg

Trailer zu Voll Paula!

 

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